Gesichter, Gefühle und Geschichten
04.06.2025, Text: Schuchardt
Zum 80. Geburtstag des Hanauer Malers Manfred Maria Rubrecht wird in der Galerie »Kunst & Kultur im Herrenhaus« in Wickstadt eine eindrucksvolle Werkschau gezeigt. Scharfsinnig und kritisch blickt Rubrecht auf die Menschen. Unscharfe Konturen sind ausdrücklich erwünscht.
Freundschaftlich miteinander verbunden sind die Galerie »Kunst & Kultur im Herrenhaus« auf dem Hofgut Wickstadt und die Wiesbadener Galerie »Rubrecht Contemporary«, die von Leander Rubrecht, dem Sohn des bekannten Hanauer Malers Manfred Maria Rubrecht, geführt wird.
Als dieser eine geeignete Lokalität für eine der zahlreichen Aktivitäten anlässlich des 80. Geburtstags seines Vaters suchte, war es für Herwig und Shadi Ganz keine Frage, ihre Galerie als würdigen Rahmen für eine Ausstellung zur Verfügung zu stellen.
Am Sonntagnachmittag wurde die Ausstellung »Manfred Maria Rubrecht: Emotionen - Schöne Aussichten« eröffnet. Zunächst wurden die 100 Gäste zu einem »Willkommensdrink« in den weitläufigen Garten hinter dem Herrenhaus gebeten.
»Reden Sie miteinander, lernen Sie sich kennen und genießen Sie den Garten«, sagte Herwig Ganz, der nach dem lockeren Auftakt die Gäste in der Galerie zusammen mit Leander Rubrecht offiziell begrüßte. Gekommen war natürlich auch Manfred Maria Rubrecht, zusammen mit Ehefrau Maria, sowie die Kulturanthropologin Janine Seitz, die in die Ausstellung einführte.
»Mir persönlich war wichtig, dass ein Bild von meinem Großvater hier hängt«, meinte Leander Rubrecht und verwies auf eine Zeichnung seines Vaters aus dem Jahr 1987, die er als »Beginn einer langen Epoche« bezeichnete. Es sei purer Zufall, dass in dieser Ausstellung zum 80. Geburtstag genau 80 Werke Rubrechts - 70 Gemälde und zehn Plastiken - gezeigt werden, sagte Janine Seitz zu Beginn ihrer Einführung.
Der in Schlüchtern geborene Künstler blickt seit 40 Jahren auf die Menschen, sieht tief in ihre Gesichter und fängt Emotionen auf der Leinwand ein. Seitz: »Er fängt nicht nur den Menschen und sein Konterfei ab, sondern fängt Stimmungsbilder ein, reflektiert über die Zeit und die Kunst.«
Meist sind es lachende Gesichter, über die Emotionen hereinbrechen. Für Seitz fühlt sich der Betrachter ertappt, als würde er Teil eines Erlebnisses werden, mit dem er eigentlich nichts zu tun habe.
Bleibt die Frage, warum und über wen die Person auf dem Bild lacht - ist das ein wohlwollendes Lachen oder eher ein Auslachen? Eine Besonderheit bei Rubrechts gemalten Porträts: Die Konturen der Gesichter sind unscharf, die Übergänge zwischen Mensch und Raum fließend.
In älteren Werken Rubrechts werden die Gesichter oft von schwarzen T-Shirts geerdet, die im Laufe der Zeit zu Balken oder Linien am unteren Bildrand wurden. Doch der Künstler blickt nicht nur auf den Menschen, sondern auch auf das, was der Mensch macht.
2015 ist die Landschaftsmalerei hinzugekommen. Seitz: »Auch hier ist der Künstler in seinem Blick nicht weniger scharfsinnig und kritisch.« Rubrechts außergewöhnliche Landschaften werden - wie bei den Porträts - meist durch einen Sockel oder Balken geerdet. Weitere geometrische Formen findet der Betrachter in zahlreichen dieser Landschaftsgemälde, in denen ein knalliges Rot schon einmal für den glühenden Asphalt steht oder ein leuchtendes Gelb das vorbeiziehende Rapsfeld ersetzt.
»Die Natur ist fremd geworden, sie rückt in den Hintergrund, sie wirkt verwaschen, undeutlich - als könnten wir sie ausradieren«, erklärt Seitz. Als Verbindung zwischen Porträt und Landschaft versteht die Laudatorin die tierischen Plastiken, die für sie »vor Lebendigkeit strotzen«. Da wirkt ein Bär tapsig, ein Pavian scheint einen Affentanz aufzuführen, und ein Wolf fletscht gierig seine Zähne - passend zum von Rubrecht gewählten Titel »Warten auf Rotkäppchen.« Seitz: »Der Künstler spielt mit unseren Emotionen und zeigt zugleich auf außergewöhnliche Weise, wie wir Tiere vermenschlichen.«
In seinen Werken zeige Rubrecht die enge Verbundenheit von Mensch, Tier und Natur, sagt Seitz abschließend. Viel Beifall gab es für die Ausführungen von Janine Seitz und ein großes Lob von Manfred Maria Rubrecht, der in seine Dankesworte auch alle Kunstsammler ebenso einschloss wie seine Ehefrau Maria, »die mich seit 1995 immer unterstützt«. Musikalisch umrahmt wurde die Vernissage von Pianist Werner Kiesel.
Link mit Bildern zu MMR zur offiziellen Website: https://www.fnp.de/lokales/wetteraukreis/gesichter-gefuehle-geschichten-93769842.html